30. August 1991. Es ist der Todestag von Jean Tinguely, dem verspielten Plastiker mit seinen rasselnden Maschinen und lebensfrohen Brunnen in Basel, Paris und Fribourg. Er gilt als einer der Hauptvertreter der kynetischen Kunst. Etwa ein Jahr zuvor hat mich mein Freund und damalige Besitzer des Musikrestaurants Atlantis, Onorio Mansutti, mit ihm bekannt gemacht. Onorio und ich arbeiteten bereits seit Wochen an einer CD zu Ehren des 25. Bestehens des (bis dahin) besten Musik Clubs der Stadt – ach was, von ganz Europa! Ich sollte ‘Jeannot’ vom Projekt überzeugen – und ihn um seine Mitarbeit bitten. Ich war Produzent der CD. Konkret: Wir hätten es gerne gesehen, wenn er das Cover für die Zusammenstellung mit 19 Schweizer Bands gestalten würde. Aber ich traute mich nicht zu fragen. Es war einfach nicht der richtige Zeitpunkt.
Es vergingen Wochen und die Deadline für das Drucken der Umschläge kam in Riesenschritten auf uns zu. Eine Alternative hatten wir nicht eingeplant. Schliesslich nahm Onorio den Telefonhörer in die Hand und sprach mit Engelszungen auf ihn ein. Tinguely sagte zu. Aber auch zwei, drei Wochen nach dieser Zusage war noch nichts von Tinguely in der Post.
Onorio griff nochmals zum Telefon, diesmal mit der Stimme eines Heiratsschwindlers. Gleich am nächsten Tag kam ein bemaltes und mit Figuren beklebtes A3 Couvert per Express an. Es war das gleiche Couvert, mit dem ihm Onorio vor Wochen irgendwas geschickt hatte. Tinguely strich einfach seine eigene Adresse durch und malte einen Pfeil zu Onorios Adresse. Der ehemalige Absender wurde so zur Adresse für die Rückreise des gleichen Couverts. Nur: Der Umschlag war leer. Nichts drin. Ein wenig verunsichert rief Onorio nochmals in Neyruz an. “He, der Umschlag ist der Umschlag!”, meinte der Künstler. Wir bedankten uns artig und wiesen noch darauf hin, dass wir noch eine schriftliche Bestätigung bräuchten, dass wir sein Werk für unser Projekt benutzen durften. (Damals lief gerade ein Prozess, weil jemand ohne das Wissen des Künstlers ein Halstuch mit einem Werk Tinguelys bedruckt – und illegal verkauft hatte).
“Habe ich schon gemacht”, sagte die Stimme am anderen Ende der Leitung. Und tatsächlich: Auf dem Umschlag stand klar zu lesen: “Alles OK, du kannst es tun!”. (Unten rechts).
Es war das einzige CD Cover, das Jean Tinguely je gestaltet hatte. Nochmals herzlichen Dank, Jeannot!
Die erste und einzige Auflage war nach drei Monaten ausverkauft. (Michael Jackson hat den Titel in leicht abgewandelter Form Jahre später übernommen 😉
Hier eine Besprechung der CD im Blog von Andi Jacomet: