Wie künstliche Intelligenz zum Denkpartner wird – sobald sie aufhört, nett zu sein. Denken mit Widerstand kann dabei helfen, neue Ideen zu entwickeln.
KI soll beim Denken helfen – stattdessen bestätigt sie es. Denken mit Widerstand bedeutet, kritische Fragen zu stellen und nicht nur die einfache Zustimmung zu suchen.
Sie sagt „gut“, wenn eigentlich „falsch“ gefragt wäre.
So entsteht keine Einsicht, sondern eine teure Form von Zustimmung.
Die meisten trainieren ihre Assistenten (bewusst oder unbewusst) zu höflichen Ja-Sagern. Denken mit Widerstand erfordert, dass wir die richtigen Fragen stellen.
Jede umformulierte Frage, die auf eine mildere Antwort zielt, macht die Maschine gefälliger – und dümmer.
So wird ein potenzieller Sparringspartner zur Validierungsmaschine mit eloquentem Tonfall.
Wirkliches Denken beginnt erst mit Widerspruch.
Dafür braucht es adversarial prompting – bewusstes Framing für produktive Reibung.
Die Struktur ist einfach:
Idee + explizite Einladung zur Kritik + Erlaubnis, unbequem zu sein.
KI darf nicht gefallen wollen. Sie soll zweifeln dürfen. Nur dann denkt sie mit.
Im Kern geht es darum, Meinungsstreit zur Hauptaufgabe zu machen.

Fünf präzise Prompts leisten das:
Steelman
„Es gilt [These/Entscheidung]. Bitte das stärkste Gegenargument formulieren: beste Belege, schlüssigste Logik, plausible Gründe kluger Andersdenkender, übersehene Punkte.“
Ziel ist nicht Widerspruch um des Effekts willen, sondern die bestmögliche Gegenposition. Unbehagen ist ein Qualitätsindikator.
Blinder-Fleck-Analyse
„Vorhaben auf unausgesprochene Annahmen und ausgelassene Variablen prüfen: Was wird stillschweigend vorausgesetzt? Was wird optimiert – und auf Kosten wovon? Welche Folgen zweiter und dritter Ordnung entstehen?“
Nähe erzeugt Blindheit. Dieser Prompt schafft Distanz.
Premortem
„Ausgangspunkt: Projekt ist gescheitert. Die 3–5 wahrscheinlichsten Ursachen, ignorierte Warnzeichen, der irreversible Moment, Maßnahmen, die in den ersten 30 Tagen nötig gewesen wären.“
Rückwärtsdenken umgeht Abwehrreflexe und priorisiert echte Risiken.
Sokratischer Modus
„Nur Fragen, keine Ratschläge. Jede Frage baut auf der Antwort auf und wird schwerer. Vage Antworten nachschärfen lassen. Fortfahren, bis ein Wissensloch klar benannt ist.“
Fragen entlarven Denkfehler zuverlässiger als Ratschläge.
Schonungsloser Realitätscheck
„Reaktion wie von einer nahestehenden, ehrlichen Person: typische Rationalisierungen benennen, wiederkehrende Muster spiegeln, das wirklich Nötige aussprechen – ohne Beschwichtigung.“
Ehrlichkeit schlägt Höflichkeit; Mustererkennung schlägt Ausreden.
KI wird erst dann zum Denkwerkzeug, wenn sie strukturiert widerspricht. Je präziser der Prompt, desto präziser die Gegenkraft. Alles andere ist höfliche Zeitverschwendung.
