Ein persönlicher Jahresrückblick darüber, wie ich künstliche Intelligenz nutze. Nicht als Spielzeug, sondern als Denkpartner. Und was man daraus über sich selbst lernen kann. Die ChatGPT Nutzung spielt dabei eine zentrale Rolle.
Jahresrückblicke haben meist ein Problem. Sie sind entweder sentimental oder statistisch belanglos. Viel Gefühl, wenig Erkenntnis. Oder viele Zahlen ohne Haltung.
Mein Rückblick fällt anders aus. Er basiert nicht auf Vorsätzen, Erfolgen oder Fehlschlägen, sondern auf Nutzungsdaten. Genauer gesagt auf „Dein Jahr mit ChatGPT“. Ein Feature, das weniger über die KI erzählt als über den Menschen davor. Die ChatGPT Nutzung ist dabei besonders aufschlussreich.
Denn wer ChatGPT nutzt, hinterlässt Spuren. Themen, Wiederholungen, Muster. Nicht das, was man gerne über sich denken würde, sondern das, was man tatsächlich tut. Genau das macht diese Auswertung interessant. Für mich. Und, wie ich glaube, auch für andere Wissensarbeiter. Die Erkenntnisse aus der ChatGPT Nutzung sind wertvoll.
Ich nutze KI nicht exklusiv. Neben ChatGPT arbeite ich mit weiteren Tools für Recherche, Analyse und Produktion. Aber ChatGPT ist mein konstantester Denkpartner. Für Texte, Konzepte, Gegenargumente. Fürs Schärfen, nicht fürs Abkürzen.
Dieser Artikel zeigt drei Dinge.
Erstens, wie man als Nutzer an diese Daten herankommt.
Zweitens, welche Fragen man sich dazu stellen sollte, wenn man mehr will als eine hübsche Jahresgrafik.
Und drittens, auszugsweise meine eigenen Werte. Nicht als Selbstporträt, sondern als Arbeitsbeispiel.
Wie man an die Daten kommt
„Dein Jahr mit ChatGPT“ ist kein verstecktes Analyse-Tool und kein Export für Excel-Fetischisten. Es ist ein geführter Rückblick, den ChatGPT selbst anbietet.
Man findet ihn direkt in ChatGPT unter dem Jahresrückblick. Der Einstieg ist bewusst niedrigschwellig. Kein Setup, keine Konfiguration, keine Filter. Das ist Absicht.
Die Auswertung zeigt unter anderem
– thematische Schwerpunkte
– Nutzungsarten
– Interaktionsmuster
– zeitliche Verläufe
Wichtig ist, was sie nicht zeigt. Keine Qualitätsbewertung. Keine Produktivitätskennzahl. Kein Erfolgsscore. Das ist gut so. Die Daten liefern Rohmaterial. Die Deutung bleibt beim Nutzer.
Man sollte diesen Rückblick lesen wie ein Dossier. Nicht scrollen, sondern betrachten. Markieren, was überrascht. Und vor allem das ernst nehmen, was sich wiederholt.

Die entscheidenden Fragen an den Rückblick
Die eigentliche Arbeit beginnt nach dem Lesen. Diese Fragen haben sich für mich als hilfreich erwiesen.
Wofür nutze ich ChatGPT wirklich?
Nicht wofür ich es nutzen wollte, sondern wofür es faktisch eingesetzt wird.
Wo ersetzt es Denken. Und wo verstärkt es Denken?
Ein entscheidender Unterschied. Wer ihn nicht erkennt, nutzt KI unter Wert.
Welche Aufgaben tauchen immer wieder auf?
Wiederholung ist kein Zufall. Sie zeigt strukturelle Bedürfnisse.
Wo führe ich Dialoge. Und wo begnüge ich mich mit Einmal-Antworten?
Das sagt viel über den eigenen Qualitätsanspruch.
Was mache ich hier, das ich sonst nirgendwo delegiere?
Das ist meist der Kern der eigenen Arbeit.
Diese Fragen lassen sich nicht automatisiert beantworten. Aber die Daten liefern genug Reibung, um ins Denken zu kommen.
Auszüge aus meinem Jahr mit ChatGPT
Ich zeige hier bewusst keine Vollstatistik. Sondern Schwerpunkte und Bandbreiten. Zahlen nur dort, wo sie wirklich etwas sagen.
Schreiben und Redaktion dominieren klar.
Ein grosser Teil meiner Nutzung liegt im Bereich Textarbeit. Entwürfe, Überarbeitungen, Zuspitzungen. Grob gesagt bewegt sich dieser Anteil im Bereich von rund einem Drittel meiner Nutzung.
Recherche ist wichtig, aber nicht führend.
Faktenabfragen und Einordnungen spielen eine Rolle, liegen aber klar unter der Textarbeit. Recherche ist Vorbereitung. Nicht Zweck.
Strategie und Konzeption nehmen überraschend viel Raum ein.
In etwa ein Fünftel meiner Nutzung entfällt auf strategische Fragen. Argumentationslinien, Positionierungen, Dramaturgien. Hier wird ChatGPT zum Denkraum, nicht zur Antwortmaschine.
Ideenfindung ist geringer als erwartet.
Der Anteil freier Exploration ist deutlich kleiner, im unteren zweistelligen Bereich. Das widerspricht dem gängigen KI-Narrativ. Ich nutze ChatGPT seltener, um Ideen zu generieren, sondern häufiger, um Ideen zu prüfen.
Der häufigste Modus ist der Sparringspartner.
In einem grossen Teil der Gespräche entsteht kein finales Ergebnis nach der ersten Antwort. Ich schärfe nach, widerspreche, bitte um Gegenargumente. Mehrstufige Dialoge sind eher die Regel als die Ausnahme.
Kurz gesagt. ChatGPT arbeitet bei mir selten allein. Es arbeitet mit.
Was diese Daten über meine Arbeit sagen
Sie zeigen vor allem eines. KI ersetzt bei mir keine Kompetenz. Sie macht Kompetenz sichtbar.
Ich nutze ChatGPT dort, wo Präzision zählt. Wo Sprache trägt. Wo Argumente halten müssen. Kaum dort, wo es nur um Geschwindigkeit geht.
Das ist keine allgemeingültige Empfehlung. Aber es ist eine bewusste Entscheidung. KI als Verstärker von Denken, nicht als Umgehung von Denken.
Wer „Dein Jahr mit ChatGPT“ nur als nette Jahresgrafik liest, verschenkt Potenzial. Wer es als Spiegel nutzt, gewinnt Klarheit. Über Arbeitsweise, über blinde Flecken, über Prioritäten.
Und vielleicht ist das der eigentliche Wert dieses Rückblicks.
Nicht die KI zu verstehen. Sondern sich selbst ein Stück genauer.
