Nicht dem Alter – sondern der Führung
Die Diskussion läuft heiss: Schadet künstliche Intelligenz eher den Jungen oder den Erfahrenen? Zwei prominente Stimmen stehen sich gegenüber:
Ein zentraler Aspekt der Diskussion ist die Frage: Wem schadet KI wirklich?
Dario Amodei (Anthropic): Alarmstufe Rot für Berufseinsteiger
Diese Bedenken führen uns zur Frage: Wem schadet KI in der heutigen Arbeitswelt?
Amodei prognostiziert ein massives Wegbrechen von entry-level white-collar jobs – bis zu 50 % könnten innerhalb von fünf Jahren verschwinden. In einem Interview mit Axios erklärte er:
„Most of them are unaware that this is about to happen … It sounds crazy, and people just don’t believe it.“
— Axios, zitiert u. a. in der New York Post, Business Insider und The Economic Times
Die Folge laut Amodei: eine US-Arbeitslosenquote von 10 bis 20 Prozent.
Brad Lightcap (OpenAI): Das Gegenteil ist der Fall
Der OpenAI-COO widerspricht entschieden. In einem Interview mit Business Insider sagte Lightcap:
„We’ve seen no evidence of this. … We have yet to see any evidence that people are kind of wholesale replacing entry-level jobs.“
— Business Insider, auch zitiert von Fortune, Yahoo News, LinkedIn News
Er fordert stattdessen eine evidenzbasierte Analyse – und stellt klar: Bei OpenAI-Kunden sehe man keine flächendeckenden Jobverluste bei Einsteiger:innen.
Die falsche Frage: Wer verliert – Jung oder Alt?
Beide Aussagen malen Extreme. Beide greifen zu kurz.
Denn das eigentliche Problem ist nicht altersbedingt.
Es ist systemisch. Und es hat einen Namen: Führung.
Warum die Erfahrenen zögern – und die Jungen versanden
Erfahrene Mitarbeitende gelten oft als technologiefern, skeptisch, zögerlich. Aber:
- Sie sind nicht zu langsam – sondern zu klug, um blind ihre Expertise preiszugeben.
- Sie haben jahrzehntelang auf Fachwissen gebaut – nun droht eine Technologie, dieses Wissen zu entwerten.
Das ist kein Trotz. Das ist Überlebensinstinkt.
Und die Jungen?
- Sie gehen forsch voran, prompten, probieren, spielen.
- Doch ohne Strategie bleiben ihre Initiativen wirkungslos – ChatGPT als smarter Taschenrechner, mehr nicht.
Beide Gruppen handeln rational – nur innerhalb eines irrational geführten Systems.
Die unbequeme Wahrheit: Nicht die Belegschaft bremst. Die Chefs tun es.
Was wirklich blockiert, ist nicht Skepsis. Sondern das Fehlen von Führung.
- Die gleichen Führungskräfte, die in Meetings von „Transformation“ sprechen,
lassen ihre Teams ohne Kompass in der KI-Wüste stehen
Kein Wunder, dass die Erfahrenen mauern. Und die Jungen orientierungslos bleiben.
Was wirklich zählt: Kommunikation schlägt Technik
Die besten KI-Nutzer:innen sind nicht die mit dem grössten IT-Wissen.
Es sind jene, die:
- klar denken
- präzise formulieren
- Feedback geben können

Denn: KI ist kein IT-Thema. Sie ist ein Kommunikationsthema.
Wer erklären, strukturieren und reflektieren kann, holt mehr aus jedem Prompt – egal ob 25 oder 55.
Warum KI-Einführungen scheitern
Viele Unternehmen bleiben in der Zuschauerrolle:
- Schulungen werden angeboten – doch es fehlt an Struktur.
- Die Erwartung: „Die Leute werden schon irgendwas draus machen.“
Das Resultat:
- ❌ Keine klaren Erwartungen
- ❌ Keine konkreten Anreize
- ❌ Keine sichtbare Führung
Alle warten.
Doch Fortschritt entsteht nicht durch Warten – sondern durch Führung mit Haltung.
Das neue Leadership-Playbook (in 3 Schritten)
1. KI als Voraussetzung, nicht als Option
E-Mail ist auch keine freiwillige Spielerei.
- Behandeln Sie KI wie ein Werkzeug, nicht wie ein Hobby.
- Statt: „Probier’s mal aus.“
- Besser: „Wir erwarten, dass du es nutzt.“
2. KI als Verstärkung, nicht als Ersatz
Gute Mitarbeitende werden mit KI besser.
- Die Botschaft muss lauten:
„Wir brauchen dein Know-how – und KI hilft dir, es skalierbar zu machen.“ - Nicht: „KI ersetzt dich.“
- Sondern: „KI braucht dein Urteil.“
3. Anreize, die Verhalten verändern
- In Leistungsbeurteilungen:
„Wie haben Sie KI sinnvoll eingesetzt?“ - In Karrierepfaden:
„KI-Kompetenz = Entwicklungschance“ - In Prozessen:
„Erster Entwurf kommt mit KI – danach iterieren wir.“
Fazit: Die Technik ist nicht das Problem – wir sind es
Die Debatte „Alt gegen Jung“ lenkt vom Eigentlichen ab.
Gute Führung befähigt beide. Schlechte Führung blockiert beide.
KI scheitert nicht an fehlender Technik.
Sondern an fehlender Haltung.

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In einem Zeitalter, wo KI die Routinearbeiten übernimmt, ist es mir ein Anliegen, zu unterstreichen, warum menschliche Qualitäten wie Kreativität, Humor, Empathie und zwischenmenschliche Kommunikation heute mehr denn je von Bedeutung sind – besonders in Kombination mit KI, wo sie unschlagbar werden.
Statt sich von der Angst vor Automatisierung und Arbeitsplatzverlust leiten zu lassen, sollten wir die Möglichkeiten, die KI bietet, als eine einmalige Gelegenheit begreifen. Die „Grosse KI-Umschulung“ ist keine Bedrohung, sondern eine Chance, die eigene Karriere neu zu erfinden und gestärkt daraus hervorzugehen.